simracing-blog.de

Warum der Reifendruck im Simracing über Sieg oder Niederlage entscheidet

Viele Simracer konzentrieren sich auf Flügel, Sturz oder Differenziale – aber einer der größten Performance-Hebel wird oft übersehen: der Reifendruck im Simracing.

Egal ob du F1 24, iRacing, Assetto Corsa Competizione oder Automobilista 2 fährst – der Reifendruck ist das Fundament deines Setups. Er bestimmt, wie sich dein Auto anfühlt, wie es den Asphalt greift, wie schnell die Reifen auf Temperatur kommen und wie lange sie durchhalten.

Ein zu hoher Reifendruck kann dich wertvolle Sekunden kosten – dein Grip sinkt, die Reifen überhitzen und verlieren Haftung. Ein zu niedriger Druck? Dein Auto wird schwammig, instabil und bremst schlechter.

Diesen Blogartikel kannst du als Master-Guide verstehen: Wir erklären, was der Reifendruck im Simracing wirklich bewirkt, wie du ihn liest, interpretierst und optimal einstellst. Außerdem bekommst du praxisnahe Beispiele, Tabellen und Tipps, um den optimalen Reifendruck im Simracing zu erreichen – egal welches Fahrzeug oder welche Simulation du fährst.


Was bedeutet Reifendruck im Simracing überhaupt?

Der Reifendruck ist der Luftdruck innerhalb des Reifens, gemessen meist in PSI (Pound per Square Inch) oder bar. In Rennsimulationen wie F1 24, ACC oder iRacing beeinflusst er, wie stark sich der Reifen verformt und wie viel Kontaktfläche er zur Strecke hat.

Im echten Motorsport wie im Simracing gilt:

Der Reifendruck ist also ein Balance-Werkzeug.
Er steuert, wie der Reifen arbeitet – von Traktion über Stabilität bis zum Reifenverschleiß.

Zusammenhang zwischen Reifendruck, Temperatur und Grip

Der wichtigste Faktor im Simracing: Reifen funktionieren nur im richtigen Temperaturfenster. Der Reifendruck bestimmt, wie schnell du dieses Fenster erreichst – und ob du es halten kannst.

Ziel ist also, durch Anpassung des Reifendrucks im Simracing eine gleichmäßige Temperatur über die gesamte Reifenbreite zu erreichen: innen, Mitte, außen.


Warum der Reifendruck im Simracing so entscheidend ist

Während in anderen Setups oft einzelne Parameter spürbar sind, wirkt der Reifendruck auf gleich mehrere Aspekte gleichzeitig:

  1. Grip / Traktion: optimaler Druck = maximale Auflagefläche = maximaler Grip.
  2. Bremsverhalten: zu wenig Druck = unpräzise Bremseingaben; zu viel Druck = verringerte Bodenhaftung.
  3. Kurvenverhalten: beeinflusst direkt das Einlenkverhalten und die Seitenstabilität.
  4. Reifenverschleiß: falscher Druck erhöht ungleichmäßige Abnutzung.
  5. Temperaturentwicklung: übermäßig hohe Temperaturen reduzieren Haltbarkeit.
  6. Aerodynamik: der Reifendurchmesser ändert sich minimal mit dem Druck – relevant bei Aero-sensitiven Fahrzeugen (z. B. F1, LMP, GT3).

Der Reifendruck ist also nicht nur ein Komfort-Parameter, sondern bestimmt deine gesamte Fahrzeugbalance.


Physikalische Grundlagen: Wie Druck, Temperatur und Verformung zusammenhängen

Wenn du den Reifendruck im Simracing anpasst, veränderst du direkt die physikalische Arbeitsweise des Reifens.

Der Zusammenhang:

Pheiß=Pkalt+ΔP(T)P_{heiß} = P_{kalt} + \Delta P(T)Pheiß​=Pkalt​+ΔP(T)

Der Druck steigt mit der Temperatur – ungefähr 0,1 bar pro 10 °C Temperaturanstieg.
Das heißt: Ein Reifen, der bei 20 °C Umgebung mit 1,6 bar befüllt ist, kann bei 90 °C Renntemperatur über 2,1 bar erreichen.

In Simracing-Simulationen ist das Verhalten unterschiedlich genau modelliert:

Das Ziel ist: den heißen Reifendruck (also bei Betriebstemperatur) korrekt zu treffen – nicht den kalten Wert in der Box.


Kalter vs. heißer Reifendruck im Simracing

Viele Simracer stellen ihren Druck in der Garage ein und wundern sich später, dass der Wert auf der Strecke deutlich abweicht.

Das liegt daran, dass es zwei Druckzustände gibt:

ZustandBeschreibungBedeutung
Kalter ReifendruckDruck im Stand / vor dem LosfahrenAusgangspunkt in der Garage
Heißer ReifendruckDruck nach 2–3 Runden im RenntempoEntscheidender Wert für Performance

👉 Der heiße Reifendruck ist entscheidend.

Das bedeutet:
Wenn du z. B. in ACC 27,3 PSI als Zielwert willst, musst du so starten, dass dein kalter Druck (z. B. 25,5 PSI) sich beim Fahren auf 27,3 PSI erwärmt.

Praxis-Tipp:
Mach 3–5 Runden im Race-Pace, schau dann die Reifendrücke an, und korrigiere in der Box nach.
Erst wenn alle vier Reifen im heißen Zustand im Idealbereich liegen, stimmt dein Setup.


Der Einfluss des Reifendrucks auf das Fahrverhalten

Der Reifendruck im Simracing hat klare, reproduzierbare Auswirkungen.

Reifendruck zu niedrigReifendruck optimalReifendruck zu hoch
Reifen „walkt“ stark, instabil in KurvenGleichmäßiger Grip, stabile BalanceWenig Grip, instabil bei Unebenheiten
Übermäßige HitzeentwicklungTemperatur im idealen FensterZu kalte Reifen, schlechte Aufwärmung
Trägere Reaktion, mehr UntersteuernDirekte Rückmeldung, präzises EinlenkenNervöses Heck, unruhiges Fahrverhalten
Gleichmäßige Abnutzung schwierigLanger ReifenlebenszyklusSchnellere Abnutzung der Mitte

Ein optimaler Reifendruck ist also immer ein Kompromiss zwischen Grip, Stabilität und Lebensdauer.


Reifendruck-Setup in verschiedenen Simulationen

Jede Simulation behandelt den Reifendruck leicht unterschiedlich. Daher lohnt sich ein Überblick über die beliebtesten Sims und ihre Zielbereiche.

Assetto Corsa Competizione (ACC)

iRacing

F1 24 / F1-Reihe


Reifendruck, Temperaturverteilung und Telemetrie

Um den Reifendruck im Simracing perfekt abzustimmen, musst du verstehen, wie du ihn auswertest.

Viele Sims bieten Telemetrie-Daten (HUD, MoTeC, iRacing-Telemetry).
Dort findest du Werte für:

Interpretation

Praxis-Tipp

Mach Screenshots oder Logs nach 5–6 Runden. Notiere:

Vergleiche dann, wie Änderungen am Druck die Temperaturverteilung verändern.


Reifendruck im Rennsetup vs. Quali-Setup

Ein Fehler vieler Simracer: Sie fahren denselben Druck im Rennen und im Qualifying.

Aber das ist falsch – denn die Bedingungen unterscheiden sich.

FaktorQualifyingRennen
ZielMaximaler Grip, kurze DistanzKonstanz, Lebensdauer
Reifendruckleicht höher (bessere Reaktionszeit)etwas niedriger (längere Haltbarkeit)
Temperaturfensterschnell erreichenkontrolliert halten
Rundenanzahl1–3 Runden20+ Runden
KompromissPerformanceStabilität

Merke:


Beispiel: Reifendruck richtig anpassen

Szenario

Du fährst in ACC ein GT3-Rennen in Spa. Nach 5 Runden misst du folgende heiße Drücke:

ReifenpositionZiel (PSI)Ist (PSI)Anpassung
vorne links27,328,0–0,3
vorne rechts27,327,1+0,1
hinten links27,626,9+0,2
hinten rechts27,627,8–0,2

Ergebnis:
Passe den Kaltdruck so an, dass die heißen Werte wieder im Zielbereich liegen.

Nach 2–3 Sessions wirst du merken: Schon 0,1 PSI kann dein Auto deutlich verändern.


Einfluss des Reifendrucks auf Aerodynamik und Balance

Ein Punkt, den viele vergessen: Der Reifendruck im Simracing beeinflusst die Fahrzeughöhe minimal – und damit auch die Aerodynamik.

Gerade in Aero-sensitiven Autos wie Formel- oder LMP-Fahrzeugen kann dieser Effekt die Balance verschieben.
Deshalb sollte der Reifendruck immer zusammen mit Ride Height (Fahrhöhe) und Flügeleinstellungen betrachtet werden.


Fehlerquellen beim Reifendruck

Viele Fahrer wissen theoretisch, was sie tun müssen – aber machen in der Praxis kleine Fehler, die große Wirkung haben:

  1. Drücke im kalten Zustand ignorieren.
    → Falsche Zielwerte beim Aufwärmen.
  2. Uneinheitliche Erwärmung zwischen linker und rechter Seite.
    → Seitenabhängige Anpassung nötig (z. B. Spa, Monza, Suzuka).
  3. Keine Telemetrie-Analyse.
    → Man sieht nicht, warum der Reifen ungleichmäßig arbeitet.
  4. Zufällige Anpassung ohne System.
    → Immer nur eine Änderung pro Testlauf!
  5. Zu aggressives Kopieren von Online-Setups.
    → Jeder Fahrstil und jede Wetterbedingung braucht eigene Werte.

Tipps für den perfekten Reifendruck im Simracing

  1. Kenntnis der Zielbereiche:
    Finde die idealen heißen Werte für deine Simulation (z. B. ACC = 27 PSI).
  2. Reifendrücke schrittweise anpassen:
    Änderungen von 0,1 PSI genügen oft.
  3. Längere Runs fahren:
    Beobachte, wie sich Drücke entwickeln, nicht nur in Runde 1.
  4. Reifentemperaturen beobachten:
    Differenzen zwischen innen / außen zeigen, ob Sturz oder Druck falsch ist.
  5. Seitenunterschiede berücksichtigen:
    Kurvenreiche Strecken (wie Zandvoort oder Monaco) brauchen oft asymmetrische Werte.
  6. Quali vs Race-Unterschied beachten:
    Leicht unterschiedliche Zielwerte je nach Session.
  7. Auf Umgebung achten:
    Luft- und Streckentemperatur beeinflussen den Startdruck.
  8. Notizen führen:
    Schreibe Drücke, Temperaturen und Fahrgefühl auf – das spart Stunden später.

Reifendruck und Reifenverschleiß

Der falsche Reifendruck im Simracing tötet deine Reifen.
Hier die häufigsten Verschleißmuster:

VerschleißmusterUrsacheLösung
Mitte abgenutztDruck zu hochDruck senken
Außen stärker abgenutztDruck zu niedrig / zu wenig SturzDruck erhöhen / mehr negativen Sturz
Innen stärker abgenutztzu viel negativer Sturzweniger Sturz
Überhitzung nach 3–4 Rundenzu niedriger Druckleicht erhöhen
Kalte, rutschige Reifenzu hoher Druckleicht senken

Verstehe diese Muster – sie sind dein Feedback-System.


Praktische Herangehensweise: Reifendruck-Setup Schritt für Schritt

  1. Basisdruck setzen:
    Nimm empfohlene Startwerte (z. B. 25,5 PSI kalt).
  2. 5 Runden fahren:
    Drücke und Temperaturen notieren.
  3. Zielwerte vergleichen:
    Ideale heiße Drücke: z. B. 27,3 PSI in ACC.
  4. Anpassen:
    +0,1 PSI, wenn heißer Wert zu niedrig; –0,1 PSI, wenn zu hoch.
  5. Wiederholen:
    Teste erneut, bis alle vier Reifen im Fenster liegen.
  6. Langzeitprüfung:
    Beobachte Verhalten nach 10+ Runden – Reifen sollen stabil bleiben.

Das ist kein einmaliger Prozess – du optimierst Reifendruck kontinuierlich.


Fazit: Der Reifendruck im Simracing – kleines Detail, riesiger Effekt

Der Reifendruck im Simracing ist einer der wichtigsten, aber meist unterschätzten Faktoren für Performance, Konstanz und Reifenhaltbarkeit. Wer ihn versteht und gezielt einstellt, kann Rundenzeiten senken, Stabilität verbessern und sein Fahrzeug in jeder Phase des Rennens kontrolliert halten.

Er ist die Brücke zwischen Mechanik und Gefühl – zwischen Technik und Performance.
Selbst 0,1 PSI kann den Unterschied zwischen einem nervösen, unberechenbaren Auto und einer perfekt balancierten Rennmaschine ausmachen.

Also:

Wenn du den Reifendruck im Simracing meisterst, hast du nicht nur mehr Kontrolle – du fährst schlicht schneller, konstanter und mit weniger Verschleiß.

Die mobile Version verlassen